Push Hands / Tuishou

Pioniere des Taijiquan und Qigong

Nils Klug, Hannover - Serie Pioniere des Tai Chi, Tuishou / Push Hands und Qigong

Hinweis: Die in dieser Serie beschriebenen Pioniere bilden lediglich eine Auswahl; sie sind nicht für unser Netzwerk tätig und stehen zu uns in keinerlei Beziehung.

Die ersten, die Taijiquan und Qigong in Deutschland bekannt gemacht haben, kann man als Pioniere bezeichnen. Als Wegbereiter haben sie unbekanntes Terrain erkundet - und dabei allmählich auch ihren eigenen Horizont erweitert. Im Laufe der Zeit haben sie sich dann ihre Gefolgschaft geschaffen, die von ihnen lernen möchte, ihnen vertraut und als Vorbild ansieht.

Viele Pioniere haben auch untereinander langjährigen, engen Kontakt. Solcherart können sie als Trendsetter auch Entwicklungen in bestimmte Richtungen lenken. So haben sich eine Vielzahl daoistischer Sub-Kulturen etabliert. Hier lohnt sich ein Blick auf die Gruppendynamik dieser "Taijiquan-Qigong-Szene".

Nils Klug, Hannover

In dieser Folge widmen wir uns der Pionierin Nils Klug. Wir spannen dabei den Bogen vom Werdegang über bemerkenswerte Begebenheiten / Highlights bis hin zu Weggefährten und Kontext-Themen.

Pioniere als Lernende

Die "Lehrer der ersten Stunde" mußten sich zunächst einmal selbst neu erfinden und sich "Managerqualitäten" entwickeln. Wie man Räume organisiert, Werbung gestaltet und didaktisch versiert unterrichtet war für die meisten ja Neuland. Vielen war Weiterbildung auch ein zentrales Anliegen. Nutzte man dafür früher Seminare, Kongresse, Treffen und Fachliteratur, so kamen später Online-Kurse und Skype-Sessions hinzu. Viele Pioniere benannten ihre Schulen mit Bezeichnungen wie "Institut" oder "Akademie".

Pioniere als Netzwerker

Praktizierende der chinesischen Künste Qigong und Tai Chi Chuan (Taijiquan) bilden zwar keine einheitliche Community, aber ein großer Teil von ihnen ist untereinander umfänglich vernetzt, Waren dies früher üblicherweise Szene-Vereinigungen, so kommen heutzutage die Sozialen Medien hinzu.

Pioniere als Esoteriker

Kunst und Kultur Chinas beruht auf taoistisch-buddhistischen Werten und traditionellen Normen, die für die Pioniere nur rudimentär erfahrbar waren. Zudem fehlten ihne häufig das Wissen, fremde Weltbilder für Westler aufzubereiten. Vielfach verzichtet man in Szene-Subkulturen bis heute auf interkulturelle Kompetenzen. Viele Protagonisten verbreitet Folklore-Ideologien und esoterische Heilslehren. Dazu gehört neben der Legende der "Zhang-Sanfeng-Erzählung" auch das politisch korrekte "Wudang-Shaolin-Narrativ". So haben sich bis heute etliche Vorurteile gehalten.

Pioniere als Influencer

Pioniere haben eine lange erfolgreiche Laufbahn hinter sich und sind dabei als "Influencer" Bestandteil moderner Entwicklungen geworden. Diese Wortführer sind Multiplikatoren, die über starke Präsenz und hohes Ansehen in sozialen Netzwerken verfügen. Hierbei beeinflussen ihre eigenen Sichtweisen auch ihre Anhängerschaft.

Bezug auf Altmeister Yang Chengfu und sein Wirken

Der Rahmen dieser Serie ist aus Gründen der Einfachheit ganz bewußt eingeschränkt auf den "Yang-Chengfu-Bereich". Der "Große Standardisierer" gilt bekanntlich als eine einigende Klammer für weite Teile der Szene in Deutschland. Zu den Top-Themen inzählen die "Zehn Prinzipien", seine neu-geschaffene Tai-Chi-Form und sein Fokus auf die Qi-Energie des traditionellen Qigong und der Traditionellen Chinesischen Medizin TCM. All dies sollte man einzuordnen in den kulturellen Zeitgeist in China um 1920.

Allerdings steht Nils Klug nur in mittelbarem Zusammenhang zur Person Yang Chengfu, da er sich auf Lehrmeister bezieht, die eigene Kurzformen entwickelt haben.

Es muß indes jedem klar sein, daß sich aus dieser simplifizierenden Perspektive bestenfalls nur "das halbe Bild" erschließt und selbstverständlich nicht mit einem "Blick über den Tellerrand" gleichgesetzt werden kann. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen letztlich interkulturelle Normen - s. dazu Tai-Chi-Meister / Qigong-Meister - FAQ.

Nils Klug, Tai-Chi-Lehrer in Hannover

Bei Online-Recherchen zu bekannten Personen ergibt sich typischerweise kein einheitliches Bild. "Sifu Klug" ist hier keine Ausnahme. Beispielsweise bleibt der Bezug zu chinesischen Familien-Dynastien und deren Meistern bzgl. Mandatierung unklar. Ein Grund mag in der historischen und technischen Verwobenheit der Stilarten begründet sein. Hinzu kommt, dass Westler oft unterschiedliche interkulturelle Maßstäbe anlegen und deshalb recht vagen Normen folgen. Anschauliche Beispiele sind die abweichenden Auslegungen der "Tai-Chi-Klassiker" oder die Einstufung von Varianten der Solo- und Partnerformen.

Kurse und Workshops

Nils Klug kann auf eine lang andauernde abwechslungsreiche Karriere zurückblicken. Er unterrichtet seit 1991 Tai Chi Chuan in Hannover. Der Lehrer bietet verschiedene Tai Chi Workshops auch in anderen Städten an.

Nils war bis zum Mai 2014 aktives Mitglied im „Netzwerk Taijiquan und Qi Gong e. V.“ und von 2007 bis 2013 Präsident der „Taijiquan and Qigong Federation for Europe“ (TCFE), dem europäischen Dachverband für Taiji und Qigong. Von 2014 bis 2018 war er zudem 2. Vorsitzender des DDQT (Deutscher Dachverband für Qigong und Taijiquan e. V.). Nils’ Engagement gilt dem internationalen Austausch sowie der fachlichen Fortbildung und Kommunikation über Stilgrenzen hinweg. In diesem Geiste organisierte er 1998 das 4. Bundesweite Qigong und Taijiquan-Forum für das Taijiquan und Qigong Netzwerk Deutschland e.V. sowie das internationale Cheng Man Ching Forum 2004 in Hannover. Seit 2001 veranstalten er und sein Team das Internationale Push Hands Treffen in Hannover. Das bilinguale Indoor-Meeting findet jährlich rund um das Tai Chi-Studio in Hannover-Linden statt. Nils Klug hat über die Jahre selbst bei zahlreichen Tai Chi Treffen im In-und Ausland unterrichtet und hat eine große Anzahl an Gastdozenten aus vielen Ländern der Welt eingeladen. Neben weiteren Online-Aktivitäten hat Nils auch ein zweisprachiges Internetportal für Tai Chi Chuan und Qigong aufgebaut, welches er seit Jahren ehrenamtlich in seiner freien Zeit betreibt.

Ausbildung

Nils beschreibt einiges über seine Aus- und Fortbildungen selbst: "Unsere Motivation Nach fast 30 Jahren als Tai Chi-Lehrer hatte ich die Vision, eine Methode zu entwickeln, um Tai Chi als lebendiges System zu unterrichten, aufbauend auf dem Ansatz Cheng Man Ching’s und meines Lehrers William C. C. Chen. Bei unserem Tai Chi sind gesunde, funktionale Bewegung für das allgemeine Wohlbefinden und Kampfkunst eins, praktiziert als Meditation in Bewegung." Quelle: https://tai-chi-studio.de/ausbildung.

Die jeweiligen Module finden in einem saisonalen Muster statt – Handform im Frühling, Schwert im Frühsommer, Push Hands im Herbst. Wöchentliches Training wird das ganze Jahr über angeboten – in Präsenz und Online.

Ausbildung und fachliche Impulse

Nils Klug absolvierte seine Ausbildung bei William C. C. Chen in New York und unterrichtet selbst seit 30 Jahren in seiner eigenen Schule. William Chi Cheng Chen (New York) und Dr. Tao Ping Siang (Taiwan), der als Nils‘ zweiter Lehrer einen wesentlichen Einfluss auf sein Tai Chi hatte, waren beide Schüler von Professor Cheng Man-Ching.

Nils Klug ist von Meister Chen autorisiert, dessen Tai Chi weiterzugeben. Er vertieft seine Kenntnisse und Fähigkeiten durch regelmäßige Besuche bei seinen Lehrern in den USA und Europa.

Chinesische Lehrmeister von Nils Klug

Tao Ping Siang (Taiwan), William C. C. Chen (New York).

Weggefährten, Kollegen, Mitstreiter

Daniel Grolle, Hamburg, Birgit Golze, Dassel, Laura Stone, Deventer. Einige von Klugs Kollegen sind bereits im Ruhestand oder auch verstorben.

Referenzen

Referenzen sind Unterlagen, mit denen jemand seine berufliche Leistungsfähigkeit nachweist. Solche Beurteilungen aus der Fachwelt sind hilfreiche Empfehlungen, wenn man sich bzgl. der Expertise nicht klar ist. Zu Zeiten des Internets dienen auch Verlinkungen als Referenzen.

Unsere Archivarin hat zu Nils Klug, Hannover einige Infos zusammengestellt.

Die Tai-Chi-Schule in Hannover, Niedersachsen hat die Adresse: Zur Bettfedernfabrik 1, 30451 Hannover. Für Schnupperstunden kann man sich online anmelden. Es gibt eine Website und eine Wegbeschreibung.

Eine Frau Chang lobt: Schöner Ort um durchzuatmen, zu energetisieren/ aufzutanken und kultivieren". Und P. K. hebt hervor: "Das Tai Chi Studio in Hannover Linden bietet anspruchsvollen Unterricht ohne dabei ins Esoterische ab zu driften. Die Lehrer, die dort unterrichten, sind kompetent und leisten eine hervorragende didaktische Arbeit mit den Schülern".

Und Laura Stone schreibt auf https://thestudiotaichi.nl/en/nils-klug/: "It is important for Nils to have contact and to train with all kinds of T’ai Chi Ch’uan practitioners and styles. This led him to organizing 2 big annual events in Hannover: International Push Hands Meeting (since 2000) en Yangsheng Meeting (since 2016). These events bring practitioners and experts, teachers and students of all styles together to practice and exchange. Fantastic".


Größte Herausforderungen / Wichtige Etappen

Nils Klug ist bekannt dafür, daß er seine Aufgaben ernstnimmt und als Herausforderung betrachtet. Folgende Projekte zählen wohl zu seinen größten Herausforderungen.

Tai-Chi-Studio in Hannover

Den meisten wird "Klug-Sifu" bekannt sein als Leiter des Tai-Chi-Studios. Seit 1996 befindet sich dieses Zentrum auf dem Ökologischen Gewerbehof Linden in guter Nachbarschaft zum soziokulturellen Zentrum FAUST e.V.

Seine erste Schule eröffnete Nils 1993. Als die Räumlichkeiten zu klein wurden, baute er seine neue Schule im Rahmen eines Projekts für ökologische Nachnutzung und Erhaltung einer ehemaligen Bettfedernfabrik in eine der nun teilweise denkmalgeschützten Hallen hinein.

Internationale Push-Hands-Treffen in Hannover

Klugs bislang wohl bedeutendstes Projekt sind seine internationalen Push-Hands-Events.

Medienarbeit / Social Media

Wie die meisten anderen Pioniere auch ist Nils Klug in den Sozialmedien als Fach-Autor aktiv. Dazu zählen u. a. Youtube-Channels und Facebook-Accounts.

Die Vielzahl seiner Foto-Archive und Youtube-Videos haben den hoch dotierten Ausbilder im Laufe der Zeit einer größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Die "Welt der Channels, Likes, Followers und Subscribers" eröffnet Fortgeschrittenen wie Laien virtuelle Tore, die tief hineinführen in die faszinierende daoistische Kultur von Yin-Yang-Philosophie, Meditation, Ganzheitlicher Gesundheit und Kampfkunst.


Kontext-Themen aus der Szene

Yang Chengfu gilt als der bekannteste Vertreter der Yang-Familie. Er hat die „weiche / flexible“ Kampfkunst des Yang-Taijiquan in vereinfachter Form öffentlich unterrichtet - als erster Meister seiner Familie. Weiterlesen: Altmeister Yang Chengfu, 3. Generation Yang-Familien-Tai-Chi-Chuan.

Tuishou-Partnerübungen des Yang-Taijiquan ergänzen die Solo-Formen auf sehr effektive Art und Weise. Ob sie sich auch im Notfall als Kampfkunst eignen, ist umstritten. Siehe dazu: Push Hands als Selbstverteidigung?.

Chinesische Push-Hands-Meister teilen eine gemeinsame Mission: Sie fördern und verbreiten die Partner-Routinen des "Tui Shou". Diese bilden die bekannteste und wichtigste Zweierübung des Tai Chi Chuan. Mehr zu den zugrundeliegenden Prinzipien hier: Chinesische Push-Hands-Meister.

Tipp: Hier die Namen der Tai-Chi-Form: Tai-Chi-Form: Namen der Figuren der Yang-Stil-Langform. Cheng Manching hatte zwar eine eigene Kurzform entwickelt, aber alle Figuren der Yang-Chengfu-Form beibehalten.

Fachliteratur

Pioniere sind durchweg erfahrene Fachautoren. Häufig beziehen sie sich auf Fachliteratur aus den USA oder China. Siehe dazu die Youtube-Video-Serie "Gudrun Geibig im Gespräch" und ihre Facebook-Seite. Es existiert mittlerweile eine Fülle von Büchern über Tai Chi und Qigong. Allen, die sich intensiv mit diesen fernöstlichen meditativen Bewegungslehren auseinandersetzen möchten, können sie eine große Hilfe bieten.

Kontext-Literatur 1

Foen Tjoeng Lie und Christa Proksch: Tai-Ji-Quan Yang-Stil: Körper, Geist und Seele

Das Yang-Stil-Tai-Chi-Chuan ist sowohl in China als auch in vielen westlichen Ländern die am weitesten verbreitete Form. Dieses Standardwerk bietet eine Beschreibung der Yang-Form, so wie sie von Altmeister Yang Cheng Fu in seinen späteren Lebensjahren festlegte wurde. Enthalten sind Photoserien, Schrittdiagramme, Bewegungsdiagramme sowie drei Schautafeln.

Kontext-Literatur 2

Toyo und Petra Kobayashi: T'ai Chi Ch'uan: Einswerden mit dem Tao

Die Autoren entwickeln ihren "authenthischen Weg des T’ai Chi Ch’uan". Sie haben eine heutzutage weitverbreitete Kurzform des T’ai Chi Ch’uan in Deutschland bekannt gemacht und ein Standardwerk dazu verfaßt. Beide zählen zu den erfahrensten und angesehensten Lehrern auf ihrem Fachgebiet. Mit über 160 Fotografien inklusive der jeweiligen Schrittstellungen werden die Bewegungsabläufe ausführlich erläutert.

Kontext-Literatur 3

  • Zheng Manqing, Dreizehn Kapitel zu Tai Chi Chuan, ISBN 3-89631-389-4

  • Zheng Manqing, Essays on Man and Culture, ISBN 1-883319-26-9

  • Zheng Manqing, New Method of Tai Chi Chuan Self-Cultivation, ISBN 1-883319-92-7

  • Wolfe Lowenthal, Es gibt keine Geheimnisse, ISBN 3-928288-05-9

  • Wolfe Lowenthal, An der Pforte zum Wunderbaren, ISBN 3-928288-31-8

  • Wolfe Lowenthal, Like a long river, some taichi thoughts, ISBN 0-9773107-0-1


 


 

Anmerkungen